Steueranwaltstag 2009

Brandenburger Tor

Auch der Steueranwaltstag 2009 befasste sich mit aktuellen Themen des Steuerrechtes. Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem bereits erschienenen Tagungsband.

Den Schwerpunkt der Veranstaltung bildeten das Erbschaftsteuerrecht, das Steuerstrafrecht und die Unternehmenssanierung. Unternehmensverbundene Stiftungen, umsatzsteuerliche Organschaften in der Insolvenz und die steuerliche Behandlung von Verlusten nach der Unternehmensteuerreform waren weitere praxisrelevante Themen.

Im Jahr 2009 trat das lange angekündigte und viel diskutierte BilMoG, das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts, als besonders hervorzuhebende Reform in Kraft. Daneben gab es eine Vielzahl an Änderungen der Steuergesetze, z. B. das Unternehmensteuerreformgesetz 2008, das neue Erbschaftsteuergesetz ab 1.1.2009 und das Jahressteuergesetz 2009, die im Jahre 2009 umgesetzt werden mußten. Die Referenten griffen diese Änderungen auf und berichteten über erste Erfahrungen, soweit dies möglich war.

Den Eröffnungsvortrag des Steueranwaltstages hielt Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, über „Unternehmensverbundene Stiftungen und ihre Besteuerung“.

Er verglich diese Stiftungen in der Ausprägung der Unternehmensträgerstiftung und der Beteiligungsstiftung mit Familienstiftungen unter zivil- und steuerrechtlichen Aspekten als Instrument der Nachfolgegestaltung, von der sich die Stifter Unsterblichkeit erhoffen. Seiner Ansicht nach ist die lebzeitige und frühzeitige Errichtung der Stiftung zu bevorzugen, weil diese gegenüber der Errichtung von Todes wegen erhebliche Vorteile hat.

Nach einer Gegenüberstellung der privatnützigen Stiftungen und der gemeinnützigen unternehmensverbundenen Stiftungen hinsichtlich ihrer steuerrechtlichen Behandlung empfahl er, die jeweiligen steuerrechtlichen Folgen und Gestaltungsgrenzen erst zu prüfen, bevor das Gestaltungsmodell der Doppelstiftung als Kombination einer privat- mit einer gemeinnützigen Stiftung zum Zwecke der Steuer2 ersparnis errichtet wird. Das starre Stiftungsrecht und das permanenten Änderungen unterworfene Steuerrecht passen nicht gut zusammen.

Die aufgrund des am 1.1.2009 in Kraft getretenen Erbschaftsteuerreformgesetzes geltenden Bestimmungen zur „Bewertung des Betriebs- und Grundvermögens“ sowie die dazu bereits verabschiedeten Verwaltungsregelungen stellte Wilfried Mannek, Diplom-Finanzwirt, Finanzministerium NRW, vor.

Laut BVerfG sollen auch die bisher unterbewerteten Vermögensgegenstände mit dem gemeinen Wert angesetzt werden. Als Ausgleich für die daraus folgenden höheren Beträge für die Bemessungsgrundlagen hat der Gesetzgeber Entlastungen eingeführt. Künftig ist für jeden Einzelfall zu berechnen, ob die höhere Bewertung durch die Entlastungen kompensiert werden.

Der gemeine Wert ist nach § 11 Abs. 2 BewG i. V. m. §§199 ff. BewG zu ermitteln. Für Diskussionen mit dem Finanzamt wird die Bestimmung des § 199 Abs. 1 BewG sorgen, nach der für die Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen an Kapitalgesellschaften das vereinfachte Ertragswertverfahren angewendet werden kann, wenn dieses nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt. Für die Bewertung des Grundvermögens stehen das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren nach § 182 BewG zur Verfügung. Diese Verfahren, ihr Verhältnis zueinander und die zu erwartenden Anwendungsprobleme erläuterte Herr Mannek detailliert anhand von Beispielen.

In unmittelbarer zeitlicher und inhaltlicher Folge berichtete Dr. Matthias Söffing, Rechtsanwalt, Steuerberater, Düsseldorf, über „Erste praktische Erfahrungen mit dem neuen Erbschaftsteuerrecht“: Er habe festgestellt, dass die Steuerpflichtigen möglichst lange keine Steuererklärungen abgaben, um sich nicht für das neue oder alte Recht entscheiden zu müssen, und auch die Finanzämter noch keine Steuerbescheide nach dem neuen Recht erließen, weil sie auf die Ländererlasse der übergeordneten Behörden warteten.

Deshalb beschäftigte er sich im folgenden mit den inzwischen bekannt gegebenen Ländererlassen, die für die Steuerpflichtigen einige Problembereiche enthalten. Diese sind nach seiner Ansicht der „Doppelverstoߓ gegen die Lohnsummenregelung und die Behaltensfrist, der Verstoß gegen die Poolvereinbarung für Kapitalgesellschaftsanteile, steuersparende Gestaltungen unter Einsatz von Geld im Zusammen3 hang mit dem Verwaltungsvermögen und § 13b Abs. 2 ErbStG, Verzicht auf Pflichtteilsansprüche, FiFo-Methode bei Veräußerung eines Mitunternehmeranteils, Überentnahme von Betriebsvermögen und Alt-Mitunternehmeranteilen.

Das Verhältnis des Steuerrechts zum Insolvenzrecht hat erhebliche Auswirkungen auf die „Umsatzsteuer und die umsatzsteuerliche Organschaft in der Insolvenz“, wie die Teilnehmer von Dr. Gerrit Hölzle, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzund Steuerecht, Bremen/Kevelaer, erfuhren.

So hat der vorläufige Insolvenzverwalter im vorläufigen Insolvenzverfahren keine Umsatzsteuer zu abzuführen. Dies ergibt sich aus den gesetzlichen Bestimmungen des Insolvenz- und Steuerrechts, nach denen das Insolvenzrecht das Steuerrecht überlagert.

Wird die Organgesellschaft insolvent, hängt die Haftung des Organträgers für deren Umsatzsteuerverbindlichkeiten davon ab, zu welchem Zeitpunkt die Organschaft endet und von welchem Zeitpunkt ab die Umsatzsteuer uneinbringlich wird. Trotz Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens kann die Organschaft fortbestehen, wenn man der Auffassung des BFH folgt. Dann haftet der Organträger für die Umsatzsteuerschuld der Organgesellschaft. Der Insolvenzantrag sollte daher zeitlich strategisch geplant werden, um die Haftung zu vermeiden.

Im Teil „Steuerstrafrecht“ informierte Dr. Andreas Mosbacher, Vorsitzender Richter am LG Berlin, die Teilnehmer über „Neue Vorgaben zu Strafzumessung und Verjährung“, die seit Dezember 2008 gelten und in ihrer Kumulation „insgesamt eine wesentliche Verschärfung des Steuerstrafrechts bedeuten“.

Die Grundsatzentscheidung des ersten Strafsenats des BGH vom 2.12.2008 – Az. 1 StR 416/08 – hebt als Kriterien für die Strafzumessung den Betrag der hinterzogenen Steuern und die Schadenswiedergutmachung hervor. Ab einem Hinterziehungsbetrag von 100.000 Euro wird eine Freiheitsstrafe verhängt, die ab einem Hinterziehungsbetrag von 1 Mio Euro nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann.

Nur besonders gewichtige Milderungsgründe erlauben eine mildere Strafzumessung. Die Verjährung für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung beträgt nach den verfassungsgemäßen Bestimmungen der §§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 – 5, 376 Abs. 1 AO zehn Jahre.

Fazit: „Steuersünder müssen sich auf harte Zeiten einstellen.“

Aufgrund der Verschärfungen werden Steuersünder künftig noch mehr die Unterstützung eines Steuerstrafverteidigers benötigen als bisher. Umso wichtiger wird die Aufgabe des Strafverteidigers, für ein ordnungsgemäßes Verfahren und eine möglichst milde Strafe zu sorgen.

„Das Handwerkszeug des Steuerstrafverteidigers“ ist, wie Dr. Rolf Schwedhelm, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Köln, formulierte, der „Deal und die Verständigung“. Gleich einem Theaterstück stellte er zunächst die „Akteure“ und ihre gesetzlich geregelten Aufträge und Tätigkeiten vor.

Die folgende Darstellung der Arbeitsweise der Steuerfahndung, die daraus resultierenden Folgen für den Steuerpflichtigen und die Unterstützungsmöglichkeiten des Steuerstrafverteidigers waren sehr aufschlussreich. Im dritten Teil erhielten die Teilnehmer einen Überblick über die Möglichkeiten der Einigung, wobei die „Tatsächliche Verständigung“ als wichtiges Instrument der Beendigung des Steuerstrafverfahrens herausgearbeitet wurde, sowie über die Möglichkeiten der Beendigung des Verfahrens nach der Strafprozessordnung. Mit dem Thema „Der Verlust der Verluste im Steuerrecht“ konzentrierte sich Heinz Neu, Richter am Finanzgericht Köln, auf die für den Steuerpflichtigen gravierendsten Steuerbestimmungen, „die die steuerliche Nutzbarkeit eines tatsächlichen wirtschaftlichen Verlustes endgültig vernichten“.

Gemeint sind damit die Verlustabzugsbeschränkungsvorschriften des bis 2012 geltenden § 8 Abs. 4 KStG a. F. zum Mantelkauf, § 8c KStG zum Verlustabzug und § 12 Abs. 3 UmwStG zum Wegfall der Verlustübertragung bei Verschmelzung. Der Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17.12.2007, BStBl II 2008, 608, „zur fehlenden Vererbbarkeit von Verlustvorträgen in der Einkommensteuer“ fällt ebenfalls unter dieses Thema.

Anhand der aktuellen Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte ging Herr Neu auf einige aktuelle Zweifelsfragen ein und wies auf die für den Steuerpflichtigen daraus resultierenden Risiken und Chancen sowie einige Gestaltungsmöglichkeiten hin.

Die steuerlichen Rahmenbedingungen und Auswirkungen im Falle der „Sanierung von Unternehmen“ erörterte Dr. Martin Klein, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater, Frankfurt am Main, in seinem Vortrag zum Abschluss des Steueranwaltstages.

Maßnahmen zur Sanierung des Schuldnerunternehmens sind die Veräußerung von Wirtschaftsgütern und die Zuschreibung steuerrechtlicher Sonderabschreibungen. Aber auch Eigenkapitalmaßnahmen wie Einlagen, Kapitalerhöhung und – herabsetzung sowie Fremdkapitalmaßnahmen wie Rangrücktritt, Zinslosstellen, Forderungsverzicht und Schuldübernahme gehören zu den gängigen Sanierungsmitteln. Als Sonderfälle für die Sanierung stellte Dr. Klein den „debt/equity swap (Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital) in zwei Varianten, den „reverse debt/equity swap (Einbringung von Forderungen oder Betrieb), den „debt/mezzanine swap“ (Passivtausch von Verbindlichkeiten gegen steuerbilanziell als Fremdkapital ausgestaltete Genussrechte ohne Beteiligung am Liquidationserlös) und den debt buy back (Kreditrückerwerb) vor.

Zusammenfassend wünschte er „krisentauglichere, sanierungsfreundlichere Regelungen“ und „die Bereitschaft, das bestehende Instrumentarium zügig und nicht unnötig restriktiv anzuwenden“. Veranstaltungsrahmen

Der 15. Steueranwaltstag fand am 30. und 31.10.2009 in der Bundeshauptstadt Berlin in unmittelbarer Nachbarschaft zum Brandenburger Tor statt. Als Tagungshotel diente das weit über die Grenzen Berlins hinaus bekannte Hotel Adlon. Geboten wurden den knapp 200 Teilnehmern 10 Stunden hochkarätige Fortbildung durch acht erfahrene Referenten.

Dafür wird eine Teilnahmebescheinigung ausgestellt, sofern die Teilnehmer sich in die bereitliegenden Listen eintrugen. Die Teilnahmebescheinigung ist für den pflichtgemäßen Fortbildungsnachweis der Fachanwälte für Steuerrecht im Sinne des § 15 FAO geeignet.

Die Beiträge der Referenten werden im Tagungsband „Steueranwalt 2009/2010“ veröffentlicht, welcher jedem Mitglied der ARGE Steuerrecht im DAV zugesandt werden wird. Bezogen werden kann der Tagungsband bei dem Boorberg-Verlag. Steueranwaltstag 2010

Der nächste Steueranwaltstag wird am 05. und 06. November 2010 wieder in Berlin stattfinden. Tagungsort wird das Grand Hyatt Hotel nahe des Potsdamer Platzes sein.

Sabine Unkelbach-Tomczak,
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht, Frankfurt

Tagungsband

Broschiert: 
226 Seiten
Verlag: 
Boorberg; Auflage: 1. Auflage. (September 2009)
Sprache: 
Deutsch
ISBN-Nummer: 
3415043487