DAV-Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde - 1 BvR 2267/23

 Der DAV hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Die in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung des Bundesfinanzhofs, dass eine schlüssige Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung bei der Verletzung des Gleichheitssatzes einen Vortrag zu der Frage erfordert, ob eine normverwerfende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu einer rückwirkenden Neureglung des beanstandeten Gesetzes oder zumindest zu einer Übergangsregelung für alle noch offenen Fälle führen wird, überspannt in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise die Darlegungsanforderungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Die Auffassung des BFH stellt an das Revisionszulassungsverfahren höhere Anforderungen als an das Revisionsverfahren selbst, in dem es ausreicht, darzulegen, dass eine Norm gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt, unabhängig davon, welche Folge das Gericht daraus ableitet. Auch stellt sie höhere Anforderungen als das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit bei der konkreten Normenkontrolle gem. Art. 100 Abs. 1 GG. Des Weiteren ist der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung auch dann erfüllt, wenn eine normverwerfende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu einer rückwirkenden Nichtigerklärung der streitentscheidenden Norm führt, sondern lediglich deren Verfassungswidrigkeit festgestellt wird.

Auch nimmt der BFH an, dass der Unanwendbarkeitsausspruch bei Verstößen gegen Art. 3 GG die Regel sei, obwohl der gesetzliche Regelfall gem. § 78 I BVerfGG die Nichtigkeit ist und die in § 35 BVerfGG normierte Fortgeltungs- bzw. Weitergeltungsanordnung eine Ausnahme hierzu. Schlussendlich wird die Auffassung des BFH – soweit ersichtlich – von den anderen Revisionsgerichten nicht vertreten. Einzelheiten bitten wir der beigefügten ausführlich begründeten DAV-Stellungnahme Nr. 55/2024 zu entnehmen.