AfA-Bemessungsgrundlage bei Wechsel von Betriebs- ins Privatvermögen

Orientierungssatz:
Werden Wirtschaftsgüter einer gewerblich geprägten Personengesellschaft - hier Gebäude - wegen des Wegfalls der gewerblichen Prägung in das Privatvermögen überführt und von der nunmehr vermögensverwaltenden Gesellschaft weiterhin zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt, sind als Bemessungsgrundlage für die AfA die gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter als fiktive Anschaffungskosten anzusetzen.

Entscheidung.
BFH, Urteil vom 22. Februar 2021, IX R 13/19

I.    Sachverhalt
Streitig war die Bemessungsgrundlage der AfA, wenn ein Wirtschaftsgut vom Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt wird.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine ursprünglich in der Rechtsform einer GbR gegründete vermögensverwaltende Personengesellschaft. An dieser waren A,B,C und D beteiligt. Im Jahr 2001 wechselte die Klägerin in die Rechtsform einer KG, bei welcher der A und eine neugegründete GmbH persönlich haftende Gesellschafter wurden und die übrigen Gesellschafter die Kommanditistenstellung einnahmen.
Zum 31.12.2002/01.01.2003 gab A die Komplementär-Stellung auf und wechselte in die Kommanditistenstellung, sodass die GmbH alleinige Komplementärin und Geschäftsführerin wurde. Nach 4 Jahren wechselte A wieder in Komplementärstellung.

In den Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen bis einschließlich 2002 erklärte die Klägerin die Mieteinkünfte aus den Grundstücken als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, in den Erklärungen für 2003 bis 2005 als gewerbliche Einkünfte, die sie durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte, und in den Erklärungen ab 2006 wieder als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
In ihrer Feststellungserklärung für 2006 sowie in den Folgejahren wies die Klägerin die Einkünfte aus ihren Immobilienobjekten wieder als solche aus Vermietung und Verpachtung aus. Die Klägerin setzte als "Entnahmewert" zum 31.12.2005 für die bis zu diesem Zeitpunkt in ihrem Betriebsvermögen befindlichen Immobilienobjekte und anderen Wirtschaftsgüter die in der Bilanz zum 31.12.2005 ausgewiesenen Buchwerte an. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die Buchwerte am 31.12.2005 den gemeinen Werten der Wirtschaftsgüter zu diesem Zeitpunkt entsprachen. Ausgehend von den so festgestellten gemeinen Werten zum 31.12.2005 als Bemessungsgrundlage ermittelte die Klägerin die im Veranlagungszeitraum 2006 in ihrer Überschussrechnung zu berücksichtigenden AfA-Beträge.
Nach Durchführung einer Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2010 vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) die Auffassung, dass die AfA-Beträge in den Streitjahren nicht in der erklärten Höhe angesetzt werden könnten. Der Teilwert bzw. der gemeine Wert bilde nach der Überführung eines Immobilienobjektes aus dem Betriebs- in das Privatvermögen nur dann die Bemessungsgrundlage für die weitere AfA, wenn das Wirtschaftsgut mit diesem Wert steuerlich erfasst worden sei. Dies sei vorliegend weder bei der Einlage in 2003 noch bei der Entnahme in 2005 geschehen. Bemessungsgrundlage für die weitere AfA seien daher die historischen Anschaffungskosten abzüglich der bisher vorgenommenen AfA.
Das FG gab der Klage teilweise statt, sodass es den Ansatz der historischen Anschaffungskosten folgte. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.

II.    Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Klagestattgabe (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –)
Bei Einkünften aus § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG kann die AfA als abziehbare Werbungkosten nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG geltend gemacht werden. Die Bemessungsgrundlage der AfA richtet sich nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gemäß § 7 Abs. 4 und 5 EStG.

Im Falle einer Überführung eines – vermieteten – im Betriebsvermögen befindlichen Grundstücks durch Entnahme oder – im Zuge einer Betriebsaufgabe – in das Privatvermögen, ist der § 7 Abs. 4 und 5 EStG nicht unmittelbar anzuwenden, da es an einem Rechtsträgerwechsel und somit an einem Erwerb mangelt. Es ist jedoch anerkannt, dass bei einer Überführung von im Betriebsvermögen befindlichen Wirtschaftsgütern in das Privatvermögen ein anschaffungsähnlicher Vorgang vorliegt. Bemessungsgrundlage sind sodann die fiktiven Anschaffungskosten, welche bei der Ermittlung des Entnahmegewinns (§ 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) oder des Aufgabegewinns (§ 16 Abs. 1 und 3 EStG), kraft Gesetzes die stillen Reserven für das betriebliche Gebäude aufgelöst werden. Diese Werte treten an die Stelle der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, die nach § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 EStG sonst für die Berechnung der AfA maßgebend sind. Voraussetzung für einen solchen Ansatz ist jedoch, dass das maßgebliche Gebäude mit diesen Werten steuerlich erfasst wurde bzw. dass die Entnahme oder Betriebsaufgabe verfahrensrechtlich noch steuerlich erfasst werden kann. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist bei der Überführung eines Betriebsgrundstücks in das Privatvermögen die künftige AfA-Bemessungsgrundlage weiterhin an die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gebunden. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn für ein ehemaliges Betriebsgebäude, das nunmehr unter Auflösung der stillen Reserven vermietet wird, ein Aufgabegewinn ermittelt wird, dieser jedoch aufgrund einer gesetzlichen Freibetragsregelung im Ergebnis steuerfrei bleibt. In diesem Fall ist als AfA-Bemessungsgrundlage der gemeine Wert im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe anzusetzen.

Nach diesen Grundsätzen kommt der Senat richtigerweise zu dem Ergebnis, dass der gemeine Wert die neue AfA-Bemessungsgrundlage bildet. In dem Wechsel von einer gewerblich geprägten Personengesellschaft in die vermögensverwaltende Personengesellschaft ist eine Betriebsaufgabe im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG zu sehen. Aus der Gegenüberstellung der genannten Werte ergab sich im Streitfall, wovon sowohl die Beteiligten als auch - für den BFH bindend - das FG ausgingen, kein Aufgabegewinn, da die gemeinen Werte der zum 01.01.2006 ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter den Buchwerten dieser Wirtschaftsgüter am 31.12.2005 entsprachen. Der Senat weist darauf hin, dass -entgegen der Auffassung des FAs und des FGs - dieser fehlende Aufgabegewinn nicht dazu führt, dass die stillen Reserven steuerlich nicht erfasst wurden. Vielmehr beruft sich der Senat darauf, dass in dem kurzen Zeitraum keine stillen Reserven entstanden sind, sodass kein Aufgabegewinn festzustellen war.