Kaum ein Thema hat im Bereich des europäischen Steuerrechts so große Bedeutung wie "Grenzüberschreitende Verlustverrechnung" und die Befürchtung der EU-Mitgliedsstaaten, dass neue Regelungen ihre Souveränität beeinflussen könnten die Mitgliedstaaten fürchten um ihre Steuersouveränität. Das "Lidl"-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (Az.: C-414/06; F.A.Z. vom 21. Mai) ist aus Sicht der Steuerpflichtigen eher ernüchternd ausgefallen. Es stellt klar: Wenn Gewinne einer ausländischen Betriebsstätte nach einem Doppelbesteuerungsabkommen von der inländischen Besteuerung freigestellt, können ausländische Betriebsstättenverluste danach im Inland nur abgezogen werden, wenn die Niederlassung im Ausland definiv gescheitert sind.Das Beispiel Lidl: Die deutsche Lidl Belgium KG erzielte in Luxemburg Verluste. Lidl hatte geklagt, weil ausländische Verluste nicht im Inland abzugsfähig waren. Der EuGH lehnte dies ab und bezog sich dabei weitest gehend auf die Grundsatzentscheidung Marks & Spencer aus 2005. Damals ging es um die Berücksichtigung von Verlusten ausländischer Tochterkapitalgesellschaften auf Ebene der englischen Muttergesellschaft.
Das aktuelle Urteil sieht die Beschränkungen im Bereich der Niederlassungsfreiheit als angemessenen und gerechtfertigten Eingriff und nennt die Steuersouveränität der Mitgliedsstatten und die Gefahr von möglichen doppelten Verlustberücksichtigungen als Gründe an.
Das Urteil freut den Fiskus, für die Unternehmen ist es eher "nicht ganz so gut" - wie Experten meinen. Insbesondere bei Investitionsentscheidungen im Ausland dürfte das Urteil eher ausbremsen. Wesentliche Fragen sind ohnehin weiter offen, z.B. wann die Verluste zur Standortschließung führen. Von welchem Punkt an kann die Muttergesellschaft im eigenen Land den Verlust geltend machen?