Im Interview: Dr. Jürgen Schmidt-Troje

Am 22.Januar fand in Köln der 4.Deutsche Finanzgerichtstag statt. Unsere Redaktion führte im Vorfeld ein Interview mit Herrn Dr. Jürgen Schmidt-Troje, Präsident des Finanzgerichts Köln. Das Gespräch fand am 5. Dezember 2006 in den Räumen des Finanzgerichts Köln statt, in denen auch der Deutsche Finanzgerichtstag e.V. seinen Sitz hat. Das Interview führte RA Sebastian Korts, Köln.
Korts: Herr Dr. Schmidt-Troje, Sie als Präsident des Finanzgerichts Köln haben den Deutschen Finanzgerichtstag e. V. vor drei Jahren mit ins Leben gerufen und sind dort als Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Präsidenten der Finanzgerichte der Bundesrepublik Deutschland Präsidiumsmitglied. Was hat sich der Deutsche Finanzgerichtstag zum Ziel gesetzt?

Dr. Schmidt-Troje: Der Deutsche Finanzgerichtstag e. V. wurde im April 2003 gegründet. Es handelt sich um ein Forum der Finanzgerichtsbarkeit für die steuerrechtliche und steuerpolitische Fachdiskussion von Finanzrichtern mit Verwaltung, Politik, Rechtsanwälten und Steuerberatern. Zu den vorrangigen Satzungszielen gehören die Sicherung eines effektiven Steuerrechtsschutzes für den Bürger und die Förderung des Steuerrechts unter Einbeziehung des europäischen Einigungsprozesses. Der Verein hat seinen Sitz im Appellhofplatz im Köln, also im Gebäude unseres Finanzgerichts. Dort finden auch die regelmäßigen Sitzungen von Präsidium und Beirat statt. 
Korts: Wie werden diese Ziele umgesetzt?

Dr. Schmidt-Troje: Der Deutsche Finanzgerichtstag e.V. veranstaltet in Köln jährlich – bisher im Januar - eine Tagung zu einem aktuellen steuerrechtlichen Thema mit renommierten Referenten aus der Gerichtsbarkeit, der Wissenschaft, den rechts- und steuerberatenden Berufen und der Politik. Die auf dem Finanzgerichtstag gehaltenen Vorträge werden in einem Tagungsband dokumentiert. Zur Vorbereitung des Finanzgerichtstages findet ein Workshop statt. 

Korts: Welcher Themen hat sich der Deutsche Finanzgerichtstag bisher angenommen?

Dr. Schmidt-Troje: Wir sind 2004 mit dem Thema »Für eine bessere Steuerrechtskultur« gestartet. Im Vordergrund standen dabei das Wohl der Steuerbürger und die Gewährleistung eines effektiven und qualitativ hochwertigen Steuerrechtsschutzes, was den Richterinnen und Richtern der Finanzgerichtsbarkeit ein großes Anliegen ist. Ein Jahr später setzten wir uns »Für ein gerechteres Steuerrecht« ein mit dem Ziel, dass bei der Entwicklung und Umsetzung einkommensteuerrechtlicher Reformvorhaben das Gebot der Steuergerechtigkeit nach Maßgabe der verfassungsrechtlichen Werteordnung beachtet wird. Im letzten Januar war das Thema „Für ein europataugliches Steuerrecht“. Im Vordergrund standen dabei die Perspektiven der fortschreitenden europäischen Integration im Hinblick auf das Steuerrecht. Es galt damals, Entwicklungslinien einer europäischen Steuergerechtigkeit aufzuzeigen, Bedingungen und Grenzen eines fairen Steuerwettbewerbs der Staaten auszuloten sowie neuere Tendenzen der EuGH-Rechtsprechung im Bereich der Ertragsteuern zu analysieren und zu bewerten. Diese Themen sind alle auf eine gute Resonanz gestoßen. Wir hatten auf unseren Tagungen bisher an die 300 Teilnehmer und hoffen, dass die Nachfrage weiterhin so groß bleibt, vor allem, wenn die sich die Rechtsanwälte und Fachanwälte für Steuerrecht nun auch in vermehrtem Umfang für unsere Veranstaltung interessieren und daran teilnehmen. 

Korts: Für das Jahr 2007 hat sich der Deutsche Finanzgerichtstag die »Mitverantwortung von Bürger und Staat für ein gerechtes Steuerrecht« zum Thema gemacht. Was wird diesmal im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen?

Dr. Schmidt-Troje: Die Teilnehmer des 4. Deutschen Finanzgerichtstags werden sich mit den Perspektiven der gegenwärtigen Steuerreformvorhaben und den Ursachen für das Scheitern früherer grundlegender Reformansätze befassen. Den Festvortrag wird Herr Prof. Dr. Klaus Tipke halten, der lange Jahre Inhaber des Lehrstuhls für Steuerrecht an der Universität zu Köln war und dem „Einkommensteuerwirrwarr“ – wie er es nennt - ein Ende machen möchte. In weiteren Vorträgen geht es um Mitverantwortung von Gesetzgebung, Verwaltung, Rechtsprechung und Bürger für ein handhabbares Steuerrecht, es wird um Steuerakzeptanz und Steuerwiderstand als Herausforderung für die Steuergesetzgebung gehen, weiter um Selbstveranlagung, Risikomanagement sowie andere Maßnahmen gegen Vollzugsdefizite im Steuerrecht. Lauter brisante, spannende und interessante Themen. 

Korts: Herr Dr. Schmidt-Troje, auf welchen Teil der Tagung sind Sie besonders gespannt?

Dr. Schmidt-Troje: Das ist schwer zu sagen, weil die bisherigen Tagungen eigentlich alle sehr fesselnd waren. Ich kenne viele Veranstaltungen, aber die Tagung des Deutschen Finanzgerichtstages, an dem auch viele Finanzrichterinnen und Finanzrichter teilnehmen, ist eben etwas Besonderes. Wenn Sie mich aber so fragen, sollte ich vielleicht die Podiumsdiskussion am Nachmittag erwähnen, die bisher immer auf sehr großes Interesse der Teilnehmer gestoßen ist. Zum Thema „Mitwirkung und Mitverantwortung im Steuerrecht – Wege zu einem nachvollziehbar gerechten und effektiven Steuerrecht“ werden unter der Moderation meines Kollegen Dr. Grotheer aus Hamburg diskutieren: der Präsident des Bundes der Steuerzahler Dr. Karl Heinz Däke sowie Rudolf Mellinghoff (Richter des Bundesverfassungsgerichts), Gabriele Frechen ( Mitglied des Deutschen Bundestages und stellvertretende Vorsitzende des Finanzausschusses), der Oberfinanzpräsident der OFD Rheinland Ulrich Müting und aus Ihren Kreisen Herr Rechtsanwalt Dr. Rolf Schwedhelm, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Fachanwälte für Steuerrecht im DAV. Ich hoffe, dass die interessanten Vorträge und die Diskussionsrunde auch viele Teilnehmer aus der Anwaltschaft neugierig machen werden. 

Korts: Das hoffen wir auch. Herr Dr. Schmidt-Troje, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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