Haftung eines GmbH-Geschäftsführers für Steuerschulden

Orientierungssatz:   Die Pflicht eines GmbH-Geschäftsführers, finanzielle Mittel zur Entrichtung geschuldeter Steuern bereitzuhalten, besteht unabhängig von der Fälligkeit der Steuern, erforderlich ist jedoch, dass dem Geschäftsführer der Sachverhalt bekannt ist, aus dem sich eine bevorstehende Steuerentstehung ergibt.

Entscheidung:          BFH, Beschluss vom 11.11.2015 - VII B 74/15

 

  1. Sachverhalt

Der Kläger und Beschwerdeführer war als Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH in der Zeit bis Dezember 2008 und erneut ab Oktober 2009 angestellt. Im November 2009 wurden für mehrere Monate korrigierte, sowie für den Monat Oktober 2009 erstmals die Voranmeldungen abgegeben. Die fälligen Beträge entrichtete die GmbH & Co. KG nicht. Anfang 2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG und GmbH eröffnet. Mit Bescheid vom November 2012 nahm das FA den Kläger in seiner Funktion als gesetzlicher Vertreter der GmbH als Haftungsschuldner in Anspruch. Das Einspruchsverfahren blieb im Wesentlichen ohne Erfolg. Auch die Klage war erfolglos. Das FG ließ die Revision nicht zu. Der Kläger legte daraufhin Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) wegen grundsätzlicher Bedeutung ein. Grundsätzlich bedeutsam sei die Frage, ob für eine Kapitalgesellschaft eine Mittelvorhaltungspflicht auch dann bestehe, wenn der Gesellschaft bei Entstehung der Forderung des FA weder die Höhe noch der Grund der Forderung des FA bekannt gewesen seien. 

  1. Entscheidungsgründe

Der BFH wies die Beschwerde als unbegründet zurück. Auch wenn die vom Kläger vorgetragene Frage für die Praxis von nicht untergeordneter Bedeutung ist, vertrat der BFH die Ansicht, dass es im Beschwerdefall an der grundsätzlichen Bedeutung mangele, da die vorgetragene Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig sei. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann eine Pflicht zur Bereithaltung von Mitteln durch einen gesetzlichen Vertreter bereits vor Fälligkeit einer Steuer verletzt werden. Denn von ihm ist zu verlangen, dass er vorausschauend plant und insbesondere in der Krise finanzielle Mittel zur Entrichtung der geschuldeten Steuern bereithält. Diese Pflicht besteht unabhängig vom Eintritt der Fälligkeit der Steuern. Die vom Kläger vorgetragene Rechtsfrage, der er grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat, bezog sich auf eine Pflicht der vom Haftenden vertretenen Kapitalgesellschaft und nicht auf eine persönliche Pflicht des gesetzlichen Vertreters der Gesellschaft. Mit dieser eher spitzfindigen Begründung wies der erkennende VII. Senat des BFH die NZB als unbegründet, weil nicht klärungsbedürftig, zurück.