Reformentwurf verfassungswidrig?

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem am 31.1.2007 veröffentlichten Beschluss das geltende Erbschaftsteuerrecht für verfassungswidrig erklärt. Das Bundeskabinett hatte daneben bereits am 25.10.2006 einen Gesetzentwurf zur grundlegenden Reform des Erbschaftsteuerrechts verabschiedet („Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge“). Nach Meinung von Steueranwälten ist der Gesetzentwurf in der vorliegenden Form verfassungswidrig. Er entspricht nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.Das bislang geltende Erbschaftsteuerrecht ist nach dem Verdikt des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig, da unterschiedliche Vermögensgegenstände in gleichheitswidriger Weise abweichend bewertet werden. Diese Ungleichbehandlung hat der Gesetzgeber bis zum 31.12.2008 zu beseitigen. Ausgehend von der gleichmäßigen Bewertung auf erster Ebene sei es dem Gesetzgeber auf einer zweiten Ebene allerdings erlaubt, bestimmte Vermögensgegenstände zu außersteuerlichen Zwecken ganz oder teilweise von der Erbschaftsteuer zu verschonen. Ein Gesetzentwurf zu der ersten Ebene der gleichmäßigen Bewertung steht noch aus. Auf der zweiten Ebene setzt der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung an. Danach ist beabsichtigt, land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften von mehr als 25 % ganz oder teilweise von der Erbschaftsteuer auszunehmen. Die auf das begünstigte Vermögen anfallende Steuer soll zunächst gestundet und später ganz erlassen werden, wenn der zugrunde liegende Betrieb mehr als zehn Jahre fortgeführt wird.

Das Bundesverfassungsgericht hat aber für diese zweite Ebene, die sogenannten „Verschonungsregelungen", formale Voraussetzungen aufgestellt, denen der vorliegende Gesetzentwurf nicht entspricht. Rechtsanwalt Dr. Heinz-Willi KAMPS, Partner der Kanzlei Streck Mack Schwedhelm, erläutert: „Das Bundesverfassungsgericht hat die Forderung aufgestellt, dass die Verschonungsregelungen inhaltlich ausreichend bestimmt sein müssen. Die Regelungen müssen zielgenau formuliert sein und den Kreis der Personen und Sachverhalte, die begünstigt werden sollen, gleichmäßig erfassen. Dies bedeutet, dass auch die Voraussetzungen, unter denen die Begünstigungen nachträglich wegfallen, klar formuliert sein müssen. Nach dem Gesetzentwurf fallen die Stundung und der Erlass der Steuer für das begünstigte Vermögen weg, wenn das Unternehmen nicht mehr in vergleichbarem Umfang fortgeführt wird. Das Erfordernis der Fortführung des Betriebs über zehn Jahre ist im Gesetz völlig unzureichend beschrieben. Niemand vermag verlässlich anzugeben, wann die Grenze erreicht ist, ab der das Unternehmen nicht mehr in diesem Sinne fortgeführt wird, sodass die Stundung rückwirkend entfällt und die Steuer bezahlt werden muss".

Die Steueranwälte verweisen ergänzend auf die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Das höchste deutsche Steuergericht hat unlängst betont, dass von steuerlichen Gesetzen ein Mindestmaß an Normklarheit auch aus der Sicht eines einfachen Bürgers zu verlangen ist. In einem Beschluss aus September 2006 hat der Bundesfinanzhof dem Bundesverfassungsgericht deshalb Regelungen zur Verrechnung von Verlusten aus dem Einkommensteuerrecht zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit vorgelegt, da diese Vorschriften nach der Einschätzung des Bundesfinanzhofs dem Gebot der Normenklarheit nicht entsprechen. Ein ähnliches Schicksal könnte auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erbschaftsteuer ereilen, wenn er in der bislang vorliegenden Form Gesetz werden würde. Denn neben den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wird der Regierungsentwurf auch den vom Bundesfinanzhof formulierten Anforderungen zur Normenklarheit nicht gerecht.